Erdal kämpft gegen Rassismus und Diskriminierung

Published On: 30.05.2022|Kategorien: Volunteers kennenlernen|8,5 min read|

Rassismus und Diskriminierung gehören leider auch in Deutschland zum Alltag vieler Menschen. Das äußert sich zum einen durch Alltagsrassismus, zum anderen wird es an den rassistischen Strukturen in unserem Land sichtbar. Dass sich unsere Gesellschaft immer weiter zu spalten scheint, verstärkt das Problem. Wir haben mit Erdal Erez gesprochen – einem Lehrer, Autor und Podcaster – und nachgefragt, wie er sich beim renk.magazin gegen Rassismus und Diskriminierungen stark macht und was sich verändern muss. 

1. Erdal setzt sich in seinem Podcast beim renk.magazin gegen Rassismus ein

Erdal ist in Bielefeld geboren und aufgewachsen. Mittlerweile hat es den 40-Jährigen nach Köln verschlagen. Dort unterrichtet er auf einer Gesamtschule Geografie und Pädagogik. Neben seiner beruflichen Tätigkeit als Lehrer engagiert sich Erdal außerdem ehrenamtlich und mit viel Herzblut beim renk.magazin gegen Rassismus und Diskriminierung. 

Gemeinsam mit seiner Podcast Partnerin Fatima Remli moderiert Erdal dort den Podcast Kahvehane. Das heißt so viel wie “Cafehaus” und bezieht sich auf die deutsch-migrantischen Kulturvereine, die in den 1960er Jahren von Gastarbeiter:innen aus der Türkei nach Deutschland gebracht wurden und in denen eigentlich ausschließlich Männer anzutreffen sind. Im Podcast werden ausführlich gesellschaftspolitisch relevante Themen wie toxische Männlichkeit, Rassismus und Queerpolitik behandelt, weshalb der Name “Kahvehane” auch ironisch zu verstehen ist. 

  • Auf dem Foto ist ein Mann zu sehen. Er trägt eine Brille und schaut in die Kamera.

© Sebastian Stöhr

Zwischen Zugehörigkeit und abgewiesen werden – Erdals Geschichte

Erdal gehört zur zweiten Generation seiner Familie, die in Deutschland lebt. Er musste sich von Geburt an mit rassistischen Erfahrungen auseinandersetzen – Erfahrungen, die ihn bis heute begleiten. Auf die Frage “Woher kommst du?”, reagiere er in der Regel zunächst gelassen mit “aus Bielefeld.” Wenn allerdings die Frage mit “Woher kommst du wirklich?” fortgeführt werde, dann sei dies hochgradig verwerflich und stelle seine Identität in Frage. 

Ich will eine Gesellschaft haben, wo die Antwort: “Ich bin Bielefelder” genügt. Wo Bielefelder nicht blauäugig und blond sein müssen, sondern auch so aussehen dürfen, wie ich.

Mit 16 begann Erdal sich selbst zu integrieren. Heute empfindet er das Wort “Integration” als Unwort. Aus der Angst heraus ausgeschlossen zu werden, begann Erdal sich in der Schule nur mit weißen Menschen zu umgeben. Er müsse weißer als weiß sein, um z.B. in die Disco gehen zu können. Bloß nicht abgestempelt werden, lautete seine Devise und somit wurde er, wie er selbst sagt, zum “Lieblingstürken.” Irgendwann erkannte Erdal jedoch, dass er nicht versuchen sollte, der  “Lieblingstürke” zu sein.

Das war das erste Mal, wo ich gedacht habe, irgendwas läuft mit Dir und mit der ganzen Sache schief. Ich muss mich doch nicht integrieren, wo soll ich mich denn integrieren? Denn ich bin in Bielefeld geboren. Ich bin Bielefelder.

Im Zuge seiner Erkenntnis fing Erdal an, als eine Art Protestaktion, nur noch Zeit mit PoC (People of Color) zu verbringen – worauf erneut rassistische Diskriminierungen folgten. Erdal erinnert sich, dass es sich so anfühlte , als würde er sich selbst von der Gesellschaft abschotten. Daraufhin machte es erneut Klick. Erdal wollte sich nicht auf eine Personengruppe beschränken. Er wollte sich mit jedem Menschen unterhalten können. Offenheit und Ehrlichkeit sind für Erdal essentielle Werte, die Erdal bis zu diesem Zeitpunkt nicht so ausleben konnte, wie er wollte. Als Erdal das bewusst wurde, wusste er was zu tun war um er selbst sein zu können. 

Erdals Weg zum renk.magazin

Für Erdal war klar, es musste sich etwas ändern. Aber nicht nur bei ihm, sondern auf einem größeren, gesellschaftlichen Level. Deshalb fing Erdal an mit Menschen zu arbeiten, die seine Vision von einer besseren Gesellschaft teilten. Er leitete die Kölner Redaktion des renk magazins, welche aus weiteren ehrenamtlichen Fotograf:innen, Redakteur:innen und Autor:innen bestand, um auf Missstände wie Rassismus hinzuweisen. Den Menschen mangelt es oft an Wissen und gegenseitiger Toleranz, weshalb redaktionelle Arbeit eines der wichtigsten Mittel ist, um Veränderungen herbeizuführen. Nur über Aufklärung schaffst Du es die Gesellschaft langfristig und nachhaltig zu verändern. 

Heute fühlt sich Erdal tendenziell wohl in Deutschland. Leider bleiben ihm, gerade als Person im Rampenlicht, Diskriminierungen und rassistische Vorfälle nicht erspart. Allerdings werde in Deutschland immer offener über diese Themen gesprochen, sagt Erdal. Auch wenn regelmäßiger Gegenwind Normalität in Erdals Arbeit und Leben ist, gibt es auch viele Menschen die Erdal den Rücken stärken. 

© Sebastian Stöhr

Das Schöne am Aktivismus und die Schwierigkeiten im Ehrenamt gegen Rassismus

Die Resonanz zu seinem Ehrenamt sei meist positiv, erzählt der Podcaster uns. Für Erdal ist es eine große Bestätigung zu wissen, dass er mit seiner Arbeit mehrere Tausend Menschen erreicht und diese sich oft bestätigt fühlen, motiviert werden und zum Denken angeregt werden.

Wenn ich gemeinsam mit meiner Frau Fatima eine Podcast Folge aufnehme, ist es jedes Mal von Neuem ein tolles Gefühl, Inhalte zu wichtigen Themen in die Welt raus zu tragen.

Natürlich gebe es auch manchmal weniger gutes Feedback. Das sei zunächst auch gar nicht verwerflich. Erdals Redaktion ist gerade für konstruktives Feedback, z.B. Hinweise auf sprachliche Feinheiten, immer dankbar. Teilweise mischten sich unter die Kommentare jedoch auch menschenverachtende Aussagen und Hassrede – das erschwere die Arbeit enorm. Aber das sei Teil des Ganzen und der Preis den man zahlen müsse, so Erdal.

Rassismus heute – was wird bereits getan und was muss mehr getan werden?

Die Bekämpfung von Rassismus und Diskriminierung war zwar noch nie so fortgeschritten wie heute, wir befinden uns nach Erdals Einschätzung allerdings immernoch in einer großen Baustelle. Es reiche nicht aus wie am Fließband immer wieder die gleichen NS-Dokus zu produzieren. Das alleine sei keine Aufklärungsarbeit, so Erdal. Aus der Vergangenheit zu lernen sei zwar sehr wichtig, jedoch müssten wir uns mehr aufs hier und jetzt konzentrieren, sagt Erdal. Des weiteren gibt es besonders in Fernsehsendungen wie z.B. das Dschungelcamp immer noch Rassismus und Legitimation dafür. Zumindest kommt es Erdal mittlerweile so vor als fängen immer mehr betroffene ebenso wie nicht betroffene Menschen an, sich zum Beispiel auf Social Media wirklich mit den Themen zu beschäftigen. 

Kann man überhaupt komplett antirassistisch sein?

Auf die Frage “ Kann man komplett antirassistisch sein”, antwortet Erdal schnell mit “nein”. Allerdings sei es, trotz der schnellen Antwort, eine schwierige Frage, sagt Erdal. 

Wir stecken in einer strukturierten Rassismus Schiene.

Grundsätzlich sind die gesellschaftlichen Strukturen nach Erdals Ansicht so tief mit Rassismen verknüpft, dass man ihnen nicht komplett entgehen kann. Denn in Büchern, Fernsehsendungenen oder Serien werden Klischees bedient und Rassismen weiter vorangetrieben. Solange man Teil dieses Systems ist, kann man nicht komplett antirassistisch sein, aber natürlich können wir die Gesellschaft positiv verändern. Erdal selbst glaubt trotz täglicher Auseinandersetzung mit den Themen Rassismus und Diskriminierung daran, dass Menschen sich selbst immer weiter verbessern und entwickeln können.

Erdals Tipps sich gegen Rassismus zu positionieren:

2. So kannst Du Dich gegen Rassismus und Diskriminierung einsetzen

Erdals Engagement hat Dich motiviert? Nice, denn auch Du kannst Dich ehrenamtlich für Erdals Herzensthemen einsetzen. Diese Projekte brauchen Deine Unterstützung:

Engagier Dich wie Erdal beim renk.magazin! Gesucht werden Autor:innen sowie Freiwillige in den Bereichen WordPress, Social Media, Illustration, Lektorat und Fotografie.

Auf dem Foto ist eine Gruppe von Menschen zu sehen. Sie sind draußen auf einer Wiese und haben Spaß.

Bring Menschen mit Einwanderungsgeschichte und Locals in Tandems zusammen und setz Dich damit für Austausch und Begegnung ein. So kannst Du Vorurteilen entgegenwirken!

Auf dem Foto ist ein Junge von der Seite zu sehen. Er trägt ein gelbes Oberteil. Auf seinem Kopf hat er eine schwarze Virtual Reality Brille, die er mit seiner rechten Hand festhält.

BrückenBauen organisiert mithilfe von Virtual Reality Diversity Trainings und sensibilisiert für Diskriminierung. Werde jetzt Teil des wichtigen Projekts!

Werde jetzt aktiv!

Rassismus zu erkennen und zu verstehen ist der erste wichtige Schritt, damit Du Dein Ehrenamt gegen rassistische Diskriminierung beginnen kannst. Wir haben 8 Tipps für Dich gesammelt, mit denen Du Dich im Alltag gegen Rassismus positionieren kannst. Dort findest Du auch Bücher, Filme, Serien sowie Aufklärungsaccounts auf Instagram. Hör zu, zeige Haltung und bilde Dich mit diesen Hilfsmitteln weiter!

Übrigens kannst Du Dich auch von Zuhause aus gegen Rassismus engagieren. Wir haben 3 Möglichkeiten für Dein Online-Engagement für Dich!

Du brennst auch für andere Bereiche? Auf GoVolunteer.com findest Du eine Vielzahl von Projekten, bei denen Deine Unterstützung gebraucht wird. Schau gerne vorbei!

Sharing is caring

Finde auf Impact-Job.org Deinen Job mit Sinn

Ab sofort unterstützen wir Dich nicht nur bei der Suche nach ehrenamtlichen Möglichkeiten, sondern auch dabei Jobs mit sozialem Impact zu finden.

Illustration von zwei blauen Händen, über denen ein blaues Herz schwebt.